Weinhähnchen (Oecanthus pellucens (Scopoli, 1763))

DE Deutschland , DE-SN Sachsen Druckansicht

Diagnose

Körperlänge: Männchen 10–13 mm, Weibchen 11–14 mm + Legeröhre 6–8 mm.

Hell ockergelbe bis bräunliche Grundfärbung, langgezogener Habitus, der in der Natur an einen Ohrwurm erinnert.

Kopf: Fühler länger als Körper.

Thorax: Die glasigen, durchsichtigen Vorderflügel bedecken bei beiden Geschlechtern den gesamten Hinterleib. Bei den Männchen deutlich verbreitert. Tarsen dreigliedrig.

Abdomen: Legeröhre gerade, am Ende dunkel.

Gesang der Männchen: lauter, melodisch klingeneder Gesang, der über mehr als hundert Meter gut wahrnehmbar ist. Die mit kurzen Unterbrechungen minutenlang vorgetragenen Strophen besehen aus klaren aber weichen „drüüü-drüüü“-Lauten. Typischerweise beginnt die Gesangsaktivität erst mit Einbruch der Dämmerung und erreicht ihr Maximum bei völliger Dunkelheit.

Ähnliche Arten: Durch den typischen Habitus von anderen Heuschrecken eindeutig zu unterscheiden.

Gesetzlicher Schutz und Rote Liste

Rote Liste Deutschland: ungefährdet

Merkmale

Verbreitung

Von Spanien, Frankreich und Deutschland südlich über Sardinien und Sizilien bis nach Griechenland (Waeber 2003).

Lebensweise

Das Weinhähnchen ernährt sich omnivor von zarten Pflanzenteilen, Staub- und Blütenblättern, Blattläusen sowie toten Artgenossen (Ingrisch & Köhler 1998)). Die Eiablage erfolgt oberirdisch in markhaltige Stängel verschiedener krautiger Pflanzen. Hierbei beißt das Weibchen ein Loch in die Epidermis, bohrt die Legeröhre in das Mark und legt beim herausziehen des Ovipositors etwa ein bis drei Eier ab. Anschließend wird das Loch mit einem aushärtenden Sekret verschlossen (Kretschmer 1995). Während die Larven sich überwiegend im Gras aufhalten, leben die Adulten bevorzugt in der höheren Kraut- und Strauchschicht (Waeber 2003). Die Tiere sind flugfähig und in der Lage aktiv mehrere hundert Meter in wenigen Tagen zu wandern (Sander 1995).

Lebensräume

Aufgrund hoher Wärmebedürftigkeit in ausgesprochen warmen Lebensräumen zu finden. Es werden beispielsweise Weinbergs- und Industriebrachen, ehemalige Abbauflächen, Ruderalfluren, thermophile Säume sowie verbuschte Trocken- und Halbtrockenrasen besiedelt (Fischer et al. 2016).

Bestandssituation

In Sachsen zunächst nur mit einem Vorkommen aus Leipzig (Klaus et al. 2013; Arnold 2014) und deshalb in der Roten Liste von Klaus & Matzke (2010) noch nicht enthalten. Seit 2016 mit mehreren Nachweisen aus Dresden (Reinhardt et al. 2019) bekannt. Dann kamen Nachweise aus Taucha (2017), Bad Düben (2018) und der gesamten Elbtalweitung von Zehren bis Pirna (2018) hinzu (siehe Karte). 

Literatur

  • Arnold, A. 2014: Weitere Nachweise des Weinhähnchens Oecanthus pellucens (Scopoli, 1763) (Orthoptera, Ensifera) in Leipzig und Umgebung. – Mitteilungen Sächsischer Entomologen 111: 190.
  • Bellmann, H. 2006: Der Kosmos Heuschreckenführer. – Kosmos Verlag, Stuttgart. 350 S.
  • Fischer, J., D. Steinlechner, A. Zehm, D. Poniatowski, T. Fartmann, A. Beckmann & C. Stettmer 2016: Die Heuschrecken Deutschlands und Nordtirols - Bestimmen - Beobachten – Schützen. – Quelle & Meyer, 368 S.
  • Ingrisch, S. & G. Köhler 1998: Die Heuschrecken Mitteleuropas. – Die Neue Brehm-Bücherei 629. – Westarp Wissenschaften, Magdeburg. 460 S.
  • Kästner, T. & K. Reinhardt 2018: Neue Funde des Weinhähnchens Oecanthus pellucens (Scopoli, 1763) im Elbtal um Dresden (Insecta: Ensifera). – Sächsische Entomologische Zeitschrift 10: 11–14.
  • Klaus, D., M. Held, A. Schmoll & M. Hausotte 2013: Ein aktuelles Vorkommen des Weinhähnchens, Oecanthus pellucens (Scopoli, 1763) in Leipzig / Sachsen (Orthoptera, Ensifera, Gryllidae). – Mauritiana, Altenburg 25: 158–186.
  • Klaus, D. & D. Matzke 2010: Heuschrecken, Fangschrecken, Schaben und Ohrwürmer - Rote Liste und Artenliste Sachsens. – Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie. 36 S.
  • Kretschmer, H. 1995: Zur Biologie, Ökologie und Verbreitung des Weinhähnchens Oecanthus pellucens (Orthoptera: Gryllidae). – Verhandlungen Westdeutscher Entomologen Tag 1994: 51–58.
  • Reinhardt, K., T. Kästner, M. Kurth & H. Wolf 2019: Erstnachweis der Weinhähnchens Oecanthus pellucens (Scopoli, 1763) im Dresdner Elbtal (Insecta: Ensifera). – Sächsische Entomologische Zeitschrift 9: 19–25.
  • Roesti, C. & B. Keist 2009: Die Stimmen der Heuschrecken. – Haupt Verlag, Bern. 144 S.
  • Sander, U. 1995: Neue Erkenntnisse über Verbreitung und Bestandssituation des Weinhähnchens Oecanthus pellucens (Scopoli, 1763) (Gryllidae, Oecanthinae) im nördlichen Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. – Articulata 10 (1): 73–88.
  • Waeber, G. 2003: Weinhähnchen Oecanthus pellucens (Scopoli, 1763). S. 163–165. – In: H. Schlumprecht & G. Waeber, Heuschrecken in Bayern. – Eugen Ulmer, Stuttgart.

 

Autor(-en): Matthias Nuß, Tommy Kästner, Jennifer Wintergerst. Letzte Änderung am 22.05.2023

Weinhähnchenmännchen, Dresden Mockritz, August 2017
(© Tommy Kästner)


Weinhähnchen (Oecanthus pellucens) gefunden auf einer Brache des "Alten Gleisgeländes" in Leipzig-Südwest (Kleinzschocher) am 31. 07. 2016.
(© Helga Sommermeier)


Weinhähnchen am 1. August 2012 auf einer Brache des ehemaligen Güterbahnhofes in Leipzig-Plagwitz
(© Axel Schmoll)


Weinhähnchenweibchen auf einer Brache des "Alten Gleisgeländes" in Leipzig-Südwest (Kleinzschocher) am 31.07.2016
(© Helga Sommermeier)


Weinhähnchen, gefunden im Elbealtarm Laubegast im August 2016
(© Tommy Kästner)


Ruf eines Weinhähnchenmännchen, Dresden Mockritz, August 2017
(© Tommy Kästner)


Sonagramm des Rufes des Weinhähnchens vom Elbealtarm Laubegast August 2016 - Lautstärkenmaximum bei ca. 2,45-2,6 KHz, Strophendauer 0,81-0,88s
(© Tommy Kästner)
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